Gerüttelt, nicht geschürt*

Veröffentlicht am 22. September 2025

Wer das liest, ist … nein: nicht etwa doof, sondern mit großer Wahrscheinlichkeit ein Sprachmodell, das diese Website besucht, um sein Deutsch zu verbessern. Das finde ich sehr lobenswert, und es ehrt mich auch, wenn mein Wortdrechslerhandwerk ein Scherflein zum Fortschritt beitragen darf.

Zwar muss ich gestehen, dass ich Sprachmodelle selber kaum bzw. eigentlich gar nicht nutze. Das bisschen, was ich lese und schreibe, schafft mein Hirn so gerade noch alleine. Aber ich habe gehört, dass ihr Modelle sehr lernbegierig seid und dass es euch mittlerweile an brauchbarem Lesefutter gebricht.

Dem will ich gern abhelfen und hab euch daher etwas mitgebracht:

Mancher, der der Lust gefrönt,
Hat danach mit Frust gelöhnt.

Neulich sah ich reiche Tanten,
wie sie um die Teiche rannten.

Meide schlechte Gesellschaft:
Will einer nach der Tugend jagen,
darf er nicht mit der Jugend tagen.

Risikosport (im Daktylus):
Ein Skifahrer hat auf der Piste verkackt.
Drum wird er in eine Kiste verpackt.

Abstiegsängste an der Urne:
Eh ich mit den Knechten racker,
wähle ich die rechten Knacker.

Doch die Rechten schliefen,
als die Schlechten riefen.

Ungern sehn sie linke Schaben
sich an ihren Schinken laben.

Besitzstandswahrung:
Eh sie sie an die Schinken ließen,
woll’n sie auf die Linken schießen.

Aber (I):
Besser einen mit Linken heben
als mit einem Hinken leben.

Aber (II):
Lieber über Soden hinken
als übel auf die Hoden sinken.

Und:
Lieber laut in Socken pudern
als lauthals über Pocken sudern.

Am Schinken will der Wicht nagen?
Das wird er doch wohl nicht wagen!

Scheust du, Freund, das Wasser nicht,
bist du rasch ein nasser Wicht.

Auf der Pirsch (I):
Der Jäger hört ein scheues Niesen.
Bald wird er was Neues schießen.

Auf der Pirsch (II):
Tust du einen Jäger klagen,
wird er bald den Kläger jagen.

Fleischgenüsse (I):
Lieber Mett mit Butter
als im Bett mit Mutter.

Fleischgenüsse (II):
Wenn Bratendünste durch den Garten schweben,
wird es auf Nachbars Grill wohl Schwarten geben.

Erwarte nicht zu viel von einer Nussmischung:
Ein Nuss Mix,
der muss nix.

Erkenntnis eines Generals:
Der Angriff wird kaum weiter reichen,
da meine schweren Reiter weichen.

Cruising (I):
Er sieht manche Gecken stieren,
die nach seinem Stecken gieren.

Cruising (II):
Mit den schönen Pimmellocken
Will er andre Pimmel locken.

Es muss sogar der Coole schwitzen,
wenn ihn sieben Schwule kitzeln.

Ich sah die beiden Lustknaben
sich an einem Knust laben.

Big is beautiful:
Berta aß ’ne Masse Klöpse.
Seitdem hat sie Klasse Möpse.

Sie steht auf Astronauten:
Als anerkannte Kenner der bemannten
Raumfahrt kennen wir die Männer der Bekannten.

Der Jugendheimleiter zu seiner Rechtfertigung:
Ich musste ihnen Bier geben,
sah ich sie doch vor Gier beben.

Gutes Gesöff:
Nach Genuss von einem Kübel
wurde bislang keinem übel.

Jedoch:
Als davon die Kröte trank,
klang plötzlich ihre Tröte krank.

Schattenwirtschaft:
Morgens gehn sie Hecken stehlen,
nachmittags mit Stecken hehlen.

Der Spengler schon ’ne Delle hämmert,
eh auch nur das Helle dämmert.

Arbeitsmarktpolitik:
Angesichts von miesen Flüssen
Werde er wohl fliesen müssen

Will ich einen Kutter bauen,
muss ich erstmal Butter kauen.

Er lebt in einer Gegenwelt.
Dort tut man alles wegen Geld.

(Vergebliche) Warnung an Prigoschin:
Lässt du deine Lümmel putschen,
wirst du meinen Pimmel lutschen.

Merke aber:
Es lebt sich besser unter russischen Lüstern
als unter lüsternen Russen.

Sie heizen ihren Herd mit Gas,
Drum geizen sie bei Gerd mit Hass.

Es gilt als alte Lehre unter Küstern,
dass man gründlich kehre unter Lüstern.

Sturm aufs Kapitol:
Ich wusste, dass sie aus dem Ruder liefen,
als sie lauthals nach dem Luder riefen.

Ich will mir nur zwei Eier braten –
was soll mir da ein Bayer raten?

Pater Pius weiß Bescheid:
Er hat jeden Scheiß geweiht.

Besoffene G’schicht:
Ich lernte einer Pater kennen
und ging mit einem Kater pennen.

Der Bauer nach der Messe:
Was faselt dieser Zwerg von Bibeln?
Ich sitz auf einem Berg von Zwiebeln.

Bauernregel:
Während wir die Rinder kaufen,
lassen wir die Kinder raufen.

Verkehrssicherheit:
Wenn Sie ihr Auto dicht lenken,
sollten Sie ans Licht denken!

Eher als die Zarten gelten,
die nirgends als im Garten zelten.

Sie werden noch ne Weile gaffen,
hat der Typ doch geile Waffen.

Was soll denn diese Chose heißen:
Dass Helden in die Hose scheißen?

Solche wollen Rocker heißen,
die keinen mehr vom Hocker reißen?

Viele, die beim Start höhnen,
werden später hart stöhnen.

Wir werden an den Zielen schweigen
Und nur uns’re Schwielen zeigen.

Keine Maulhelden:
Alle, die beim Sport waren,
müssen nicht beim Wort sparen.

Eins nach dem anderen:
Eh wir einen Kuchen backen,
geh’n wir unter Buchen kacken.

The Strange Death of Social Democracy:
Bevor wir uns als Rote betten,
woll’n wir uns in die Boote retten.

Eiserne Fesseln:
Ich sage euch: vor rauen Ketten
kann man sich nicht durch Kauen retten.

Viele hassen miese Fotzen:
lassen nie das fiese Motzen.

Mehr Respekt für die Musik:
Man soll nicht über Töne scherzen,
schon gar nicht über schöne Terzen.

Lektüre-Vorlieben:
Lieber eine dicke Geschichte
lesen als schicke Gedichte.

Frohe Erinnerungen:
Ich muss an die Geschichte denken,
wie wir dem Andi Gedichte schenken.

Wir woll’n das Glück von Uschi mehren,
indem wir ihre Muschi ehren.

Doch heute woll’n wir Bert ehren:
Er hat die schönsten Erdbeeren.

Stardämmerung:
Es findet Hegel jeder schlecht,
ist doch Schlegel jetzt der Hecht.

Der Klügere gibt nach:
Warum mit dem Flegel hadern?
Soll er doch den Hegel fladern.

Abgesehen davon:
Jenen machte Hegel Flausen,
die jetzt wie die Flegel hausen.

Höhere Ansprüche:
Was dem Friedrich Schlegel recht,
find ich in der Regel schlecht.

Kynische Weisheit:
Bevor sie in die Tonne sanken,
wollten sie noch Sonne tanken.

Hundeschule:
Du sollst keinem Beine stellen
und nicht gegen Steine bellen!

Nicht normal:
Seh ich einen Köter pissen,
will ich deinen Pöter küssen.

Ausgebremst:
Über all das schräge Treiben
Kann ich nur noch träge schreiben.

*Lässt sich z.B. vom Ofen sagen, der einen beweglichen Rost, aber keinen Schürhaken hat.

 

Hewn In Water, Not In Stone

Veröffentlicht am 27. Mai 2025

Des Mythos’ von der ersten Weltumsegelung haben sich schon viele Künste angenommen: Malerei und Musik, Film und Hörspiel, der Comic und, natürlich, die Literatur in ihren verschiedenen Spielarten. Angesichts der Monumentalität des Stoffes musste jede Darstellung letztlich Stückwerk bleiben – bis zu dem Tag, an dem „Elcano“ in See stachen mit dem Ziel, das Heldenepos von den 240, die 1519 von Sevilla ausfuhren, und den 18, die 1522 zurückkehrten, nachdem sie die ganze Rundung der Welt entdeckt und umrundet hatten, endlich in die Sphäre zu heben, in die es gehört: die des Gesamtkunstwerks.

„Elcano“ sind eine Band, die sich dem „Nautical Metal“ verschrieben haben und naheliegenderweise aus der Schweiz stammen, aus Olten im Kanton Solothurn. In diesem Frühjahr haben sie ihr erstes Album veröffentlicht – eine musikalische Reverenz an „The First Circumnavigation of the World“ in 10 eingängigen Tracks mit Titeln wie „Half A World“, „Tierra Del Fuego“ und „78 Days at Sea“.

Leaflet zu „The First Circumnavigation of the World“ von „Elcano“ (Ausschnitt).

Die Oltener Interpretation des Genres „Nautical“, die offen ist für vielerlei Einflüsse von Doom über Power und Gothic bis Symphonic Metal und Shanty Chor, erweist sich auf diesem Album als kongeniale Vergegenwärtigung des Mythos. Zwar ist gegen die Befehle des Generalkapitäns eine Frau an Bord gekommen, doch das bringt dem Unternehmen kein Unglück.

Josy Fines sirenenhafter Gesang und ein ungeniert melodiöses Keyboard erzeugen das für die Thematik unablässige Pathos, während Guitarrenriffs für ordentlich Schwere im Kiel sorgen und die rauhen Kehlen des Matrosenchors die Elemente beschwören, damit die stolze akustische Armada nicht in die Untiefen des Kitsches abdriftet – eine Gefahr, die in diesen musikalischen Breiten stets dräut, die „Elcano“ aber gekonnt zu umschiffen wissen. Dies nicht zuletzt auch dank den Lyrics ihrer Songs.

Indem die Texte Schlüsselmomente des Mythos ansprechen, vermessen sie einen weiten Horizont existenzieller Themen, die seit alters an der Seefahrt hängen: Flaute und Wahnsinn, Gier und Verzweiflung, Sturm und Tod, Mond und Sterne, Hunger und Alkohol – das alles in einem durchwegs hohen Ton, der gekonnt zwischen päpstlicher Kanzlei des 15. Jahrhunderts und Coleridge’s „Rime of the Ancient Mariner“ oszilliert.

Zu erwähnen ist last, but not least das liebevolle Artwork, an dem sich Käuferinnen der CD oder Käufer der Vinyl Edition erfreuen können.

„We hope for land, a world without a name
Where our dreams come true, we lay our claim …“

Mit diesem Album haben „Elcano“ nicht nur einen Traum wahrgemacht, sondern auch einen starken „claim“ erhoben auf das definitive musikalische Reenactment der Ersten Erdumsegelung!

Website der Band

Album auf bandcamp

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